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Rima Marrouch, Syrien: “Ein bitterer Spalt”

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Eine  Oppositions-Koalition im Ausland wollte am Wochenende eine Übergangsregierung bilden, doch die Treffen in Istanbul führten zu keiner Einigung. Quintessenz des Treffens war, dass kaum Kapazitäten da sind, um ein Land zu regieren.

“Als die Koalition gebildet wurde, versprachen viele Länder Unterstützung, ließen ihren Worten aber keine Taten folgen”, so Zena Bitar, Mitglied des Syrischen Natiojnalrats, die bei dem Treffen in Istanbul dabei war. “Viele Länder versprachen politische und finanzielle Unterstützung, aber nichts geschah. Wir rufen eine Übergangsregierung aus, aber was dann? Es ist kein Geld da, um irgendetwas zu regeln”, sagt sie.

Laut der Facebook-Seite der Gruppe stellte Katar etwa 8 Millionen Dollar  Nothilfe zur Verfügung, die die Koalition in verschiedenen Teilen des Landes verteilte: Den Angaben zufolge gingen 700.000 Dollar an die Gemeinderäte von Dar‘a, Hama und Deir az-Zur; 600.000 Dollar an Damaskus und Vororte sowie an Latakia, 800.000 Dollar an Idlib und Homs, 200.000 Dollar an Tartus und Qunaitra, Raqqa und Hassaka, und 100.000 Dollar an Suwaida.

Aber 8 Millionen sind nicht genug, um zu regieren. Nur zum Vergleich: der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen fordert über eine Billion Dollar für über 400.000 Flüchtlinge (Ende des Jahres könnte die Zahl auf eine Million ansteigen, wenn der Konflikt anhält). In einem Land, in dem über 20 Millionen Menschen leben, reichen 8 Millionen Dollar nicht einmal für die Müllabfuhr aus.

Aufgrund dieser aussichtslosen Situation haben viele Syrer keine Hoffnung mehr, dass eine politische Lösung überhaupt noch möglich ist. “Politische Lösungen haben keine Bedeutung mehr, zu diesem Zeitpunkt sind sie nicht mehr möglich”, sagt Mohammad Attar, ein syrischer Dramatiker und Aktivist. “Die tödliche und kostspielige Wahrheit ist: Wir verlieren ungefähr 150 Syrer am Tag.”

Die Syrer zahlen in der Realität einen immer höheren Preis, Baschar Assad und sein Regime dagegen leben immer mehr an der Realität vorbei. Er spricht davon, sein Heimatland zu verteidigen. Doch wenn er die Armutsviertel bombardiert, bleibt kein Heimatland übrig, das er verteidigen könnte. “Die Sicherheitslösung ist keine Option”, sagte Assad in seiner letzten Rede. “Wir haben nur eine Wahl: Selbstverteidigung. Dass wir uns für die politische Lösung entschieden und diese von Anfang an gesucht haben heißt nicht, dass wir uns nicht selbst verteidigen.”

Obwohl Assad und seine Verbündeten von politischen Lösungen sprechen, hat das Regime politische Lösungen immer als eine Bedrohung seiner Existenz betrachtet. Die Realität des Regimes ist, dass es keine Partner hat, weil es keine Gleichgesinnten gibt. Assad weigert sich, abzutreten. “Wir haben uns für eine politische Lösung entschieden, aber keine Partner gefunden. Das heißt nicht, dass wir uns keine gewünscht hätten. Es heißt nur, dass wir keine Partner gefunden haben”, sagt er. “Um es klarer auszudrücken: wenn jemand heiraten möchte und einen Partner sucht, aber keinen findet, der ihn begehrt und akzeptiert, so heißt das nicht, dass er nicht heiraten möchte.”

Nicht viele Syrer streben eine Heirat mit Assad an, die Menschen wollen vielmehr die Scheidung.

Rima Marrouch

 


 Rima Marrouch ist freie Journalistin mit einem syrischen und einem polnischen Elternteil. Aufgewachsen ist sie im Homs der 90er Jahre, als die Stadt noch ein friedlicher Ort war. Sie berichtete aus Lybien und Syrien für die LA Times und arbeitet für das „Committee to Protect Journalists/Middle East and North Africa Program“. Heute lebt sie in Beirut, im Libanon.

Sie können Rima auf Twitter folgen und sie unter @RimaMarr kontaktieren.

© Foto Rima Marrouch: Everyday Rebellion, ein Dokumentarfilm und Cross-Media Projekt über die Kraft des kreativen, gewaltlosen Widerstandes und den modernen zivilen Ungehorsam

 

 


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